Mein Leben mit ADHS

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ADHS – plötzlich überall?

Gerade in Mode – und die sozialen Medien sind voll davon:
Anscheinend hat momentan jeder ADHS.

Meine Diagnose bekam ich leider erst sehr spät – im Studium, mit 21 Jahren.
Bis dahin bin ich irgendwie durchgekommen. Auch wenn ich nie Hausaufgaben gemacht oder irgendetwas gelernt oder vorbereitet habe, war es genug, um durch die Schule zu kommen.

Realitätsschock im Studium

Im Studium war dann Schluss.
Man kann ein 600-Seiten-Buch einfach nicht in einer Nacht lesen. Das hat mich frustriert.
Die anderen konnten sich hinsetzen, jeden Tag 40 Seiten lesen und waren am Ende des Semesters gut informiert.

Ich bekam das nicht hin. Es war körperlich spürbar.
Der Kopf weiß, dass man es muss – aber es geht einfach nicht.
Ich fühlte mich richtig schlecht.

Erst wenn gar nichts mehr geht, wenn die Deadline direkt vor der Tür steht – dann geht plötzlich alles.
Das konnte doch nicht normal sein.

Die Diagnose: ADHS

Ich suchte mir einen Neurologen und schilderte mein Problem.
Es folgte eine ausführliche Anamnese mit drei Terminen, Untersuchungen und einem Fragebogen.
Nach der Hälfte der Fragen legte er den Zettel weg:

„Wir können aufhören, Sie haben schon die volle Punktzahl.“
Diagnose: ADHS.

Endlich eine Erklärung

Die Diagnose war eine echte Erleichterung – endlich wusste ich, warum ich nicht „normal“ bin.
Bei der Anamnese kamen auch Dinge ans Licht, über die man sich im Nachhinein ärgert.

In meinen Zeugnissen stand immer, dass ich Schwierigkeiten hatte, mich zu konzentrieren.
In der dritten Klasse wurde sogar ein Legasthenie-Test gemacht – Ergebnis: negativ.
Aber: „Der Junge hat ein Konzentrationsproblem.“ Ach echt?
Warum hat das niemand weiter verfolgt?

Medikamente – und plötzlich Struktur

Mit der Diagnose kamen auch Medikamente. Das berühmte Medikinet bzw. Ritalin.

Zum ersten Mal seit Jahren war mein Schreibtisch aufgeräumt.
Die Wäsche gemacht. Das Bad geputzt. Aufgaben erledigt.

Ich musste nicht mehr stundenlang darüber nachdenken, ob und wie ich etwas erledigen soll.
Es war eher so: „Oh, da liegt was rum – das räume ich schnell weg.“
Der Wäschekorb ist voll? Dann mache ich direkt eine Maschine an.
Heute 40 Seiten lesen? Kein Problem.
Steuererklärung machen? Klar – warum nicht?

Alles erledigt – aber zu welchem Preis?

Nach zwei Wochen war zwar alles sauber und ordentlich. Ich auch.
Aber: Ich mochte mich so nicht mehr.

Es gab keine Spontanität, kaum Kreativität – und so richtig gut fühlte sich das „Normalo-Leben“ auch nicht an.

Leben lernen mit ADHS

In den 20 Jahren seit meiner Diagnose habe ich viele Tricks und Kniffe gelernt, um mir das Leben zu erleichtern.
Dazu gehört auch, dass man akzeptiert:
Es gibt eben alle drei Monate ein neues Hobby und Projekte, die nie fertig werden.

Die Kunst ist, sich davon nicht die gute Laune verderben zu lassen.


Wie das gelingt – und was sonst so im Leben eines ADHS’lers passiert – erfährst du hier im Blog.